Stefanos Bulletin Board URL: http://www.bannjongg.com/cgi-bin/sbb/sbb.cgi?&a=show&forum=61&show=30 Thema: Komm, spielen wir Schicksal – Über Ausbeutung von Kindern Teil III – Was wir tun können |
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Wilfried John (Silber Super-Member) Es gibt keine großen Entdeckungen und keinen Fortschritt, solange es noch ein unglückliches Kind auf der Welt gibt. Albert Einstein Fortsetzung von Teil 2 Was Verbraucher tun können Jeder kann etwas gegen die Ausbeutung von Kindern tun. Wichtig bei allen Anstrengungen gegen ausbeuterische Kinderarbeit ist, dass jedes einzelne Kind tatsächlich eine sinnvolle Alternative bekommt: In der Regel ist das der Besuch einer Schule oder eine Ausbildung. Allein mit Aufrufen zum Boykott von Firmen und Produkten ist es nicht getan. Beispiele aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass solche Aufrufe nur zur Entlassung der Kinder führten, ohne ihnen aber eine alternative Überlebensperspektive anzubieten. Eine andere Gefahr besteht darin, dass Firmen, die in die öffentliche Kritik geraten, ihre Produktionsstätten in politisch abgeschottete Länder wie China oder Burma verlagern. Dort sind sie vor kritischen Nachfragen und Recherchen sicher. Vor diesem Hintergrund sind Menschenrechtsorganisationen wie z.B. „Terre des Hommes“ gegen solche Boykottaufrufe. Erfolg versprechender sind Ansätze, die das soziale Umfeld arbeitender Kinder verbessern. Kaufverhalten Kaufen Sie, wo möglich, Produkte aus „Fairem Handel“ oder mit einem seriösen Sozialsiegel. Diese Kennzeichnungen sind eine Möglichkeit zu erkennen, unter welchen Bedingungen Produkte hergestellt wurden. Die Angabe des Herstellungslandes sagt wenig aus, denn dort kann es Betriebe ohne Kinderarbeiter geben und gleichzeitig solche, die Kinder ausbeuten. Auch Markenartikel und teure Designerprodukte können unter Beteiligung von Kindern hergestellt sein. Der Endpreis einer Ware allein lässt in der Regel keine Rückschlüsse auf die Herstellungsbedingungen zu. Sorgen Sie dafür, dass auch Großverbraucher zu gesiegelten Produkten greifen: In Kantinen kann TransFair-Kaffee ausgeschenkt werden, Gewerkschaften, Vereine oder Pfarrgemeinden können nur noch Blumen aus gesiegelter Produktion oder heimischen Betrieben verschenken. Sportvereine können Bälle aus Fairem Handel anschaffen. Schreiben Sie an Handelsunternehmen und fragen Sie, wie diese Firma zu Kinderarbeit steht. Solche Nachfragen zeigen Unternehmen, dass Verbraucher ein Interesse daran haben, dass Waren nicht nur gut und günstig sind, sondern auch unter Einhaltung der Menschenrechte hergestellt werden. Unterstützen Sie unsere Projekte für Kinderarbeiter mit Ihrer Spende. Vor Ort kann direkt geholfen werden – auch der großen Mehrheit der Kinderarbeiter, die nicht für den Export in Industriestaaten arbeiten. Faire öffentliche Beschaffung Bund, Länder und Kommunen geben pro Jahr 360 Milliarden Euro für Beschaffungen aus. Darunter sind auch Produkte, in denen Kinderarbeit und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen für Erwachsene stecken können, wie etwa Natursteine für Bauten und Straßenpflaster, Berufsbekleidung, Sportbälle, Kaffee, Tee und Orangensaft. Dass faire kommunale Beschaffung dort am besten funktioniert, wo eine lebendige Zivilgesellschaft nicht nur von außen der öffentlichen Verwaltung Anstöße gibt, sondern in den Gemeinden Bewusstsein für die Problematik schafft, zeigt das Beispiel der Stadt Neuss. Dort hat sich z.B. die örtliche „Terre des Hommes-Arbeitsgruppe“ in einem lokalen Bündnis erfolgreich für soziale und ökofaire Kriterien im städtischen Einkaufswesen eingesetzt. Nicht überall sind solche Initiativen bei ihrem Stadtparlament oder der Verwaltung auf so offene Ohren gestoßen. Mancherorts gerät das Thema in den Parteienstreit, und es fehlt so an einer mehrheitsfähigen Basis. Nicht selten scheitert das Anliegen an den Sparmaßnahmen der Städte und Kommunen. Aber selbst dort, wo Bedenken in Rat und Öffentlichkeit über mögliche Mehrkosten beseitigt werden und das Schicksal von ausgebeuteten Kindern im Süden ins Bewusstsein gerückt werden konnten, hapert es häufig an der Umsetzung. So kann es passieren, dass dem positiven Beschluss des Stadtparlamentes keine Umsetzungsschritte und -bestimmungen folgen. Und mancherorts ist das Thema Kinderarbeit nicht in den Köpfen der Mitarbeiter der Beschaffungsstelle präsent und wird folglich bei den Kaufentscheidungen nicht berücksichtigt. Fragen Sie ihre Abgeordneten Eine ökofaire Beschaffung ist zunächst schwierig und aufwendig. Bei vielen Produkten gibt es keine ökofairen Anbieter. Und häufig fehlt die Zeit, sich nach Anbietern mit fairen Produkten zu erkundigen. Schwierig ist es auch, die Seriosität der Anbieter zu prüfen und die Verfügbarkeit der Ware und Bestellmengen unter Zeitknappheit zu klären. Diese Schwierigkeiten führen nicht selten dazu, dass wieder auf die bewährten Anbieter zurückgegriffen wird. Doch es hat sich einiges verändert. So können die Einkäufer aus den Beschaffungsstellen der Kommunen mittlerweile auf den Rat der Servicestelle »Kommunen in der Einen Welt« von INWENT zurückgreifen. Unter dem Motto »Keine Steuergelder für ausbeuterische Kinderarbeit« forderte terre des hommes deshalb im Juni 2008 die baldige Umsetzung der EU-Richtlinien 2004/17/EG Artikel 38 und 2004/18/EG Artikel 26 in nationales Recht über eine verbindliche Verankerung ökologischer und sozialer Kriterien. In einer Briefaktion wurden die Bundestagsabgeordneten aufgefordert, in den im Herbst bevorstehenden Beratungen im Parlament auf das Prinzip der Verbindlichkeit zu drängen. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Schutz von Kindern vor Ausbeutung nicht ins Belieben von Behörden gestellt oder vom Engagement einzelner Mitarbeitern abhängt. So kann auch erreicht werden, dass für alle Kommunen die gleichen Ausgangsbedingungen gelten. Forderungen und Ziele Kinder, die ausgebeutet werden, müssen aus diesen Arbeitsverhältnissen befreit werden und eine Ausbildung bekommen. Arbeitende Kinder müssen gestärkt werden und für ihre Rechte eintreten. Viele Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass Kinderarbeit nicht immer und überall schlecht ist. Wichtig ist, zwischen Ausbeutung und sinnvoller Arbeit zu unterscheiden: Fachleute aus Afrika betonen immer wieder, dass die Mitarbeit von Kindern zum Beispiel auf dem Hof der Eltern traditionell zur Erziehung gehört. Wissenschaftler und Aktivisten in Lateinamerika setzen sich für das Recht der Kinder auf Arbeit ein und stellen den westlichen Begriff von Kindheit in Frage, nach dem Kinder geschützt werden und sehr lange Zeit nicht aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Ausbeutung aber, darin sind sich alle einig, muss abgeschafft werden. Die schlimmsten Formen der Kinderarbeit müssen sofort beseitigt werden. Dazu zählen nach der ILO Konvention 182 vom 17. Juni 1999: a) alle Formen der Sklaverei oder sklavereiähnlicher Praktiken, wie den Kinderverkauf und den Kinderhandel, Schuldknechtschaft und Leibeigenschaft und Zwangsarbeit, einschließlich der Zwangsrekrutierung von Kindern in bewaffneten Konflikten; b) die Heranziehung, die Vermittlung oder das Anbieten eines Kindes zur Prostitution, zur Herstellung von Pornographie oder zu pornographischen Darbietungen; c) die Heranziehung, die Vermittlung oder das Anbieten eines Kindes zu unerlaubten Tätigkeiten, insbesondere zur Gewinnung von Drogen und zum Verkehr mit Drogen, wie sie in den einschlägigen internationalen Übereinkünften definiert sind; d) Arbeit, die ihrer Natur nach oder auf Grund der Umstände, unter denen sie verrichtet wird, voraussichtlich für die Gesundheit, die Sicherheit oder die Sittlichkeit von Kindern schädlich ist. Wir, die Kinderarbeiter der Welt Statt eines Schlusswortes von mir, lasse ich lieber die Kinder selbst zu Wort kommen. Dazu dient mir die Abschlusserklärung des VII. Treffens der Bewegung arbeitender Kinder Lateinamerikas und der Karibik (MOLACNATs). An dem Treffen nahmen Delegierte aus Guatemala, Kolumbien, Paraguay, Peru und Venezuela, sowie Gastdelegierte aus Bolivien und Ecuador teil. Parallel zu dem Treffen fand eine Konferenz von Mitarbeiter/innen (colaboradores) der Kinderbewegungen sowie Vertretern von ItaliaNats, ProNATs und Save the Children Schweden statt. Erklärung von Cachipay Cachipay, Kolumbien, 14. bis 21. März 2008 Wir, die arbeitenden Kinder (Niños, Niñas y Adolesentes Trabajadores - NATs) Lateinamerikas, haben uns in Cachipay (Kolumbien) zu unserem VII. kontinentalen Treffen versammelt, um miteinander über unsere Erfahrungen und Lebensbedingungen zu sprechen. Es haben Delegierte aus Kolumbien, Paraguay, Peru, Venezuela, Ecuador, Guatemala und Bolivien teilgenommen; ebenso Schwesternorganisationen aus Europa wie ItaliaNats und ProNATs. Unser Treffen bezeugt, dass die Bewegung der arbeitenden Kinder Lateinamerikas und der Karibik eine Realität ist. Sie ist das Ergebnis einer mehr als 30-jähringen Geschichte der Organisationen arbeitender Kinder, die in Lima (Peru) begann und dank zahlreicher Treffen und Aktionen weitergeführt wurde. Das letzte dieser Treffen fand 2001 in La Asunción (Paraguay) statt. Der ganze Prozess lag in den Händen arbeitender Kinder und fand die Unterstützung verbündeter Organisationen wie Save the Children Schweden und terre des hommes Deutschland. Während des Treffens haben wir die Bewegung der arbeitenden Kinder Guatemalas (MONNATSGUA) in unser Koordinationsgremium aufgenommen, dem wie bisher Delegierte aus Kolumbien, Paraguay, Peru und Venezuela angehören. Es stimmt unsere Aktionen aufeinander ab und repräsentiert uns bei allen Gelegenheiten. Des Weiteren haben wir zwei Delegierte für die Weltbewegung arbeitender Kinder gewählt, die die Aufgabe haben, der Bewegung der arbeitenden Kinder nicht nur in Lateinamerika, sondern in der ganzen Welt neue Impulse zu geben. Ebenso haben wir ein Redaktionskomitee gebildet, das die auf dem Treffen beschlossenen Grundprinzipien unserer Bewegung und unsere Statuten ausformulieren wird. Im Rahmen unseres Nachhaltigkeits-Projektes haben wir einen dreijährigen Aktionsplan erarbeitet, der die politischen und sozialen Ideale unserer Bewegung in die Tat umsetzt und die von den organisierten arbeitenden Kindern und ihren erwachsenen Mitarbeiter/innen gemeinsam vertretene kritische Wertschätzung der Arbeit zum Ausdruck bringt. Der Aktionsplan wird dazu dienen, uns bekannter zu machen und besser in die Lage zu versetzen, mehr arbeitende Kinder und die soziale Anerkennung zu erreichen. Die gemeinsame Organisation (MOLACNATs) ist für uns ein Mittel, um solidarischer und stärker zu sein und überall mit einer Stimme zu sprechen. Wir haben uns verpflichtet, unsere Rechte voranzubringen und Aktionen zu entwickeln, die die Armut verringern und unsere Arbeitsbedingungen verbessern, sowie den sozialen Ausschluss und die Gewalt gegen Kinder, vor allem gegen arbeitende Kinder, bekämpfen. Wir setzen uns dafür ein, dass Kinder in Würde arbeiten können, und verteidigen diese Arbeit. Sie ist für uns ebenso ein Mittel, um die aktive Partizipation der Kinder bei allen sich bietenden Gelegenheiten voranzubringen. Wir sind die vorrangigen Akteure bei der Verbesserung unserer Lebens- und Arbeitsbedingungen und setzen uns deshalb für Alternativen würdiger Arbeit und bessere Möglichkeiten zur Ausbildung und aktiven Partizipation der arbeitenden Kinder ein. Auf diesem Treffen haben wir uns für gemeinsame Aktivitäten aller Bewegungen der arbeitenden Kinder Lateinamerikas entschieden, die die soziale Anerkennung aller Kinder zum Ziel haben. Mit unserer Bewegung haben wir schon viel erreicht, aber wir lassen nicht nach, für folgende Ziele weiter zu kämpfen: > Nationale Regierungen und die Bevölkerungen im Allgemeinen müssen unsere Rechte beachten und respektieren. Im vorliegenden Fall fordern wir als Betroffene insbesondere, dass die in Peru, Paraguay und Kolumbien und anderen Ländern mit der Reform von Gesetzen einhergehenden Verfolgungen und Festnahmen von arbeitenden Kindern beendet werden. Wir schlagen vor, im Dialog mit uns alternative Lösungen zu suchen, die in Übereinstimmung mit der UN- Kinderrechtskonvention stehen. Unsere Rechte bleiben nur gewahrt, wenn all diese Aktionen endlich aufhören. > Uns arbeitenden Kindern muss zugehört werden und bei Entscheidungen, die uns betreffen, müssen wir einbezogen werden, wobei unsere Vorschläge zu berücksichtigen sind (Gelegenheiten dazu bestehen gegenwärtig in Bolivien und Venezuela, wo Kindergesetze unter aktiver Mitwirkung der arbeitenden Kinder in Planung sind, die zur Verbesserung unserer Lebens- und Arbeitsbedingungen beitragen können). > Als lateinamerikanische Bewegung setzen wir uns für ein neues Kindheitsparadigma ein, das wir auf diesem Treffen gemeinsam mit erwachsenen Mitarbeiter/innen erarbeitet haben. (Anm. d. Autors: Demnach werden Kinder nicht länger als inkompetent und nachgeordnet oder als bloßes Potential für die Zukunft betrachtet, sondern als kompetente Subjekte der Gegenwart, die einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Gesellschaft leisten und Verantwortung übernehmen können. Die in eigenen Bewegungen organisierten arbeitenden Kinder verstehen sich als Repräsentant/innen und Protagonist/innen dieses Paradigmas.) > Wir haben aktiv daran mitgewirkt, eine Internet-Plattform einzurichten, auf der wir unsere Realität als organisierte Bewegung und soziale Akteure sichtbar machen. (Anm. d. Autors: Die neue Plattform dient auch der Kommunikation zwischen den arbeitenden Kindern des Kontinents und stärkt den Zusammenhalt zwischen den Bewegungen der einzelnen Länder.) > Wir wollen eine Verbesserung unserer Lebensbedingungen erreichen, die auf Vorschlägen für eine Solidarische Ökonomie beruht, die wir als arbeitende Kinder selbst entwickeln und praktizieren. > Während unseres Treffen konstituierte sich ein Lateinamerikanisches Netzwerk der (erwachsenen) Mitarbeiter/innen, die uns vertrauen, zur Seite stehen und sich entschieden haben, mit und für die arbeitenden Kinder im Sinne der kritischen Wertschätzung der Arbeit zu kämpfen. Auf zur gemeinsamen Bewegung für die Respektierung der Rechte und der Stimme der arbeitenden Kinder. Die arbeitenden Kinder wissen selbst, was zu sagen ist! Wir sind nicht das Problem, sondern die Lösung! Es lebe die würdige Arbeit der arbeitenden Kinder! Solidarität mit den arbeitenden Kindern Wilfried John Dieser Artikel beruht teilweise auf Veröffentlichungen von terre des hommes. Weitere Informationen unter: http://www.tdh.de/content/index.htm |